RUSSISCH-DEUTSCHE LEGION (1812-1815)
Die RUSSISCH-DEUTSCHE LEGION (1812-1815)
Verfasser: Аndrei Sorokin.
Bersetzung aus dem Russischen ins Deutsche: Wolfgang Akunow.
Ein deutscher Freiwilligenverband, der zwecks Teilnahme am Krieg gegen Kaiser Napoleon I. unter Russlands Schirmherrschaft 1812-1815 aufgestellt wurde.
Der Vaterl;ndische Krieg von 1812 wird mit Fug und Recht auch als "Invasion von zwoelf Zungen (Voelkern)" bezeichnet. Im Bestand von Napoleon Bonapartes Grande Armee kaempften tatsaechlich nicht nur Franzosen allein, sondern auch Untertanen anderer Staaten: Polen, Schweizer, Kroaten, Deutsche, Italiener, Spanier und sogar Portugiesen. Deren Gesamtstaerke betrug bis an die Haelfte aller in Russland eingefallenen napoleonischen Truppen.
Gleichwohl beteiligten sich russischerseits nicht nur Angehoerige von Russlands Stammvoelkern am Kampf gegen den gemeinsamen Feind. Auch Tausende Deutsche beschlossen, obwohl ihre Laender (insbesondere solche deutsche Staaten wie Preussen, Oesterreich, Bayern, Sachsen, Westfalen, Wuerttemberg, Baden, Hessen uam.) auf Frankreichs Seite kaempften, gemeinsam mit den Russen gegen die revolutionaere Seuche vom Leder zu ziehen Einen ganz besonderen Platz unter diesen Teilnehmern des Vaterlaendischen Krieges von 1812 nahmen die Kaempfer der Russisch-Deutschen Legion ein, die zu einem Realsymbol der russisch-deutschen Waffenbruederschaft wurde.
Anmerkung: 1797-1799 kaempfte im Bestand der Kaiserlich-Russischen Armee auch ein franzoesisches royalistisches Emigrantenkorps des Prinzen Conde, das an den Kriegshandlungen gegen die Truppen des revolutionaeren Frankreich regen Anteil nahm. In den Reihen des Corps Conde fochten insgesamt fuenf Regimenter, und zwar: das Franzoesische Adels-Infanterieregiment Prinz Conde (dessen Fahnenzug ausschliesslich aus Rittern des Koeniglich-Franzoesischen St. Louis-Militerrordens bestand); das Grendierregiment Herzog von Bourbon; das Deutsche Infanterieregiment Herzog von Hohenlohe (spaeter: Oberst Durand); das Adels-Dragonerregiment Herzog von Berry; das Dragonerregiment Herzog von Enghien. Au;erdem gehoerten zum Corps Conde mehrere weitere kleinere Hilfsverbaende und Artillerieeinheiten.
Zuallererst wurde die Idee, fuer den Fall eines neues Krieges zwischen Frankreich und Russland Truppenkontingente aus deutschen Freiwilligen zu bilden, Kaiser Alexander I. durch seinen Fluegeladjunatnen A.T. Tschernycheff bereits im Mai 1811 unterbreitet. Am 6. Juni 1812, wenige Tage vor dem Ueberschreiten des Njemen durch Napoleons Grande Armee, hat der Fuehrer der deutschen Emigranten im Exil Freiherr Carl von Stein Kaiser Alexander I. eine Denkschrift mit dem Vorschlag vorgelegt, eine Deutsche Legion aufzustellen.
Sofort nach Beginn der napoleonischen Invasion wurde v. Steins Projekt zum Diskussionsgegenstand im extra gebildeten "Ausschuss f;r Deutschlands Angelegenheiten“ (Deutsches Komitee), dem sowohl russische Vertreter wie z.B. Graf V.P. Kotschubej, als auch deutsche politische Emigranten, wie Freiherr C.V. Stein, E.-M. Arndt, die Herzoege von Oldenburg uam. angeh;rten. Bereits w;hrend der ersten Komitee-Sitzungen wurde die Frage der Bildung einer Legion, die spaeter als "Russisch-Deutsche Legion“ oder als "Russisch-deutsche Legion“ bezeichnet wurde, aus deutschen Kriegsgefangenen und Emigranten in Russland tangiert.
Bald danach wurden im Namen des Ausschusses bis zu 10 000 Flugblaetter gedruckt, die den an "Offiziere und Soldaten deutscher Nation“ gerichteten Aufruf enthielten, auf die russische Seite zu uebergehen und der Legion beizutreten. Im Text dieses Aufrufes hie; es insbesondere: "Germanen! Wofuer k;mpft ihr gegen Russland, wofuer ueberschreitet ihr seine Grenzen und ueberfaellt V;lker mit bewaffneter Hand, die im Laufe mehrerer Jahrhunderte mit euch freundschaftliche Beziehungen gepflegt, Tausende eurer Landsleute bei sich aufgenommen, deren Talente belohnt und ihrem Arbeitsfleiss entsprechende Betaetigungsfelder geboten haben?". Spaeter schrieb eines der Komiteemitglieder, der deutsche Dichter E.-M. Arndt, den "Kurzen Katechismus fuer den deutschen Soldaten", worin er das Recht der Untertanen begruendete, ihrem Fuersten nicht zu gehorchen, falls dieser Fuerst nicht fuer deren Interessen sorgt und sie in einen ungerechten Krieg ziehen laesst. Das Legionskommando veroeffentlichte in Riga eine ganze Reihe von Propagandabrosch;ren mit der Ueberschrift "Russlands Triumph oder das erwachte Europa“ (eine Neuauflage erfolgte 1953 in Berlin).
Als Reaktion darauf verliessen bereits in den ersten Kriegsmonaten, da Napoleon sich in Richtung Moskau vorschob, rund 600 Deutsche seine Armee und gingen zu den Russen ;ber. So konnte die geplante Aufstellung der Legion schon im Sommer 1812 beginnen.
Laut Kaiser Alexander I. Weisung wurde Reval zum Aufstellungsort der Legion bestimmt. Dorthin wurden deutschsprachige Kriegsgefangene und Ueberl;ufer aus Pskow, Nowgorod, Smolensk sowie aus anderen Staedten Ru;lands ueberfuehrt. Auch in Kiew, Riga, Twer sowie in der im Gouvernement Smolensk gelegenen Stadt Belyj wurden deutsche Truppen formiert.
Die Legion sollte aus 2 Brigaden bestehen, jede Brigade aus 4 Bataillonen Infanterie, 2 Regimentern leichte Kavallerie, 1 Artilleriebrigade (2 Kompanien berittene Artillerie und 1 Artillerie-Ersatzpark) und 1 Jaegerkompanie. Fuer die Komplettierung der Legion war W.D. Arendtschildt, Adjutant des Prinzen Peter von Oldenburg und Oberst in russischen Diensten, zustaendig, der spaeter zum Legionskommandeur avancierte. Gegen Mitte August bestand die Legion bereits aus mehreren Hundert Mann, woraus Oberst Arendtschildt das I, sp;ter nach Vyborg verlegte, Bataillon formieren konnte.
Am 7. September 1812 wies Kaiser Alexander I. seinen Kriegsminister Fuerst А.I. Gortschakoff an, dem neuen Truppenverband jede moegliche Unterstuetzung zu erweisen. Grosse Beachtung wurde dessen Bewaffnung und Ausruestung sowie Verproviantierung geschenkt.
Das Legions-Offizierskorps wurde durch deutsche Emigranten in russischen Diensten aufgefuellt. Zur Erleichterung des Zusammenwirkens mit rein russischen Truppen wurden russische Verbindungsoffiziere, groesstenteils Deutschbalten, in die Legion eingegliedert. Kriegsgefangene deutsche Offiziere wurden in die Legion mit Dienstgraderhalt aufgenommen. U.a. dienten auch in Russland ansaessige deutsche Kolonisten als Freiwillige in der Legion, wovon 271 aus dem Gouvernement Saratow kamen.
Gegen Mitte Oktober 1812 erreichte die Legionsst;rke mehr als 1500 Mann. Am 14. Oktober wurden sie von Reval aus nach Borg; und Lovisa (Grossfuerstentum Finnland) verschifft, wo die Aufstellung und Ausstattung der Legion weiterging. Admiral D.N. Senjawin war fuer die Organisation des Truppentransports verantwortlich. Bis Ende Dezember war die Aufstellung der Legion mit 8 733 Mann (davon 50 Offiziere) fast komplett abgeschlossen. Anfang 1813 begann die teilweise Verschiffung der Legion nach Ostpreussen. In Tilsit wurde die aus Einwohnern des russischen Gouvernements Livland formierte Freiwilligen-Kosaken-Kompanie des Oberleutnants Nyrodt in die Legion eingegliedert, die bis zum Abschluss der Kriegshandlungen in ihrem Bestand verblieb.
Die Dislozierung der Legion im Raum Koenigsberg wurde im M;rz 1813 vollkommen abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Legion ihre Sollst;rke erreicht: ganz komplett waren die 1. Brigade (Brigadekommandeur: Oberst von Arendtschildt, I. Bataillonskommandeur: Major Natzmer, 2. Bataillonskommandeur: Hauptmann F.von Fircks; 3. Bataillonskommandeur: Oberstleutnant Wardenburg; 4. Bataillonskommandeur und Kommandeur der komplettierten Jaegerkompanie: Hauptmann von Horn); zwei Husarenregimenter (1. Regimentskommandeur: Oberstleutnant A.W. von der Goltz, im 2. Husarenregiment blieb der Posten des Regimentskommandeurs zun;chst vakant, wonach Oberstleutnant Graf Dohna Kommandeur wurde), 1. berittene Artilleriekompanie (Kommandeur: Hauptmann Mohnhaupt). Ferner wurden eine Kompanie Artillerie zu Fuss sowie eine Trainkompanie formiert. Zum Legions-Generalquartiermeister wurde Oberstleutnant Carl von Clausewitz ernannt, der danach eine Zeit lang Legionskommandeur war. Spaeter wurde Clauseiwtz als Kriegskunsttheoretiker und Verfasser der Werke "Vom Krieg", "Der Krieg von 1812" uam. ber;hmt.
Im Juni 1813 wurde die Legion ins Korps des 1813 in russische Dienste ;bergetretenen oesterreichischen Generalleutnants Graf Ludwig Georg Theodor von Wallmoden-Gimborn, Ritter des St. Georgsordens 3. Klasse, eingegliedert, der gleichzeitig zum Obersten Befehlshaber der Legion ernannt wurde. Seit dem 17. (29.) Juni galten die Truppen der Hanseatenliga, von Hannover und Dessau als Bestandteile der Legion. Am 22. Juni (4. Juli) wurde die Partisanenabteilung von S.F.G. Diebitsch, am 26. Juni (8. Juli) das V. Bataillon unter Hauptmann A. von Dobschitz, am 29. Juli (18. August) die saechsische Kompanie unter Hauptmann L. von Reich in die Legion eingegliedert. Nunmehr betrug ihre Gesamtstaerke 12 000 Mann. Zu jenem Zeitpunkt kaempften aber noch rund 70 000 Soldaten der Rheinbundfuersten unter Napoleons Fahnen. Im August 1813 wurde die Legion in die Nordarmee unter dem Kommando des schwedischen Kronprinzen Karl Johan (des ehemaligen napoleonischen Marschalls Bernadotte) eingegliedert und beteiligte sich an den Kaempfen gegen franzoesische und mit den Franzosen verbuendete daenische Truppen in Hannover, Holstein und in den Niederlanden. Zu jenem Zeitpunkt bestand die Legion aus Generalmajor Arendschildts Russisch-Deutscher Division (2 Infanteriebrigaden mit je 3 Bataillonen), zwei Kavallerieregimentern und einer russisch-deutschen Artilleriebrigade mit 16 Geschuetzen.
Am 15.-16. September forcierte die Legion im Bestand des Korps Wallmoden die Elbe und warf nach erbittertem und verlustreichen, als Schlacht bei Herd, bekannten Kampf die franz;sische 50. Infanteriedivision M.N.L. Pecher vom Korps des napoleonischen Marschalls L.N. Davoust in Richtung Harburg zur;ck. Die Russisch-Deutsche Legion, die den franzoesischen Truppen in den Ruecken fiel, hatte an diesem Sieg einen ganz entscheidenden Anteil.
Vor der Leipziger Voelkerschlcht schoben sich die Legionaere weit westwaerts vor und befreiten Bremen von den franzoesischen Truppen. Marschall Davoust sah sich zum Rueckzug nach Hamburg gezwungen. Danach setzte sich die Armee des schwedischen Kronprinzen, Napoleons daenischen Verb;ndete auf den Fersen, weiter in Richtung Kiel in Bewegung. Die Legion aber versuchte, den Daenen den Rueckzugsweg abzuschneiden. Bei Seestadt fand dann eine erbitterte Schlacht zwischen Wallmodens Truppen und den sich nach Schleswig zur;ckziehenden Daenen statt.
Die nach Abschluss des mit Daenemark vereinbarten Waffenstillstandes in die Niederlande verlegte Legion k;mpfte dort seit Februar 1814 gegen das franzoeische 1. Armeekorps des Grafen N.J. Maison. Die letzte Schlacht dieses Feldzuges unter Beteiligung der Legionssoldaten fand am 31. M;rz 1814 bei Courtraix statt.
Nach Beendigung der Kriegshandlungen ging die Legion, deren zahlreiche Freiwillige fuer ihre Heldentaten mit russischen Militaerorden ausgezeichnet wurden (so erhielt z.B. Carl von Clausewitz als Teilnehmer der Schlacht bei Borodino den St.Georgsorden 4. Klasse, einen Goldenen Ehrens;bel und den Rang eines russischen Armee-Obristen), an den Niederrhein verlegt und dem preussischen Kommando unterstellt. Den Legions-Dienstgraden wurde gestattet, auf deren persoenlichen Wunsch nach Russland zur;ckzukehren beziehungsweise in den Streitkr;ften ihrer Heimatl;nder weiter zu dienen. Alsdann verblieben im Bestand der Legion nur noch preussische Soldaten. Am 6. (18.) April 1815 wurde die Legion aufgeloest. Ein beachtlicher Teil ihres Bestandes wurde in die Koeniglich Preussische Armee uebernommen (aus ehemaligen Legionsteilen wurden die preussischen Infanterieregimenter 30. und 31. sowie das Ulanenregiment 8. gebildet), wobei die russisch-deutschen Husaren, die fortan als "die Schwarzen Husaren" und "die Gr;nen Husaren" bezeichnet wurden, ihre alten Legionsuniformen weitertragen durften.
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